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59. Deutsche Badminton-Meisterschaften: Bielefelder Sportler lassen Federn

Von Kai Wessel

Bielefeld (WB). Wer seit Jahren sehnsüchtig auf die Nachricht wartet, dass ein Bielefelder Badminton-Spieler bei den Deutschen Meisterschaften eine Siegesserie startet, muss weiter warten. Bei der 59. Ausgabe der Titelkämpfe blieben Bielefelder Wunder am ersten Tag aus.

Es war wie immer: Die Seidensticker Halle hatte sich zum zwölften Mal für Deutschlands Badminton-Elite herausgeputzt, ein paar Dutzend Zuschauer verloren sich auf den Rängen, und die Bielefelder Sportler wehrten sich nach Kräften gegen die schier übermächtige Konkurrenz - ohne einen Sieg zu erringen. Das einzufordern wäre im Falle von Marcus Decher (29, BC Ajax) wohl auch zuviel verlangt gewesen. Erst am Mittwoch hatte er von seinem Einsatz erfahren - als Ersatzmann für den erkrankten Kollegen Jan Blomeyer. Einzelhandelskaufmann Decher stand gerade in der Käse- und Feinkostabteilung, als ihn die Kunde inmitten der Kundschaft erreichte: »Plötzlich klingelte das Telefon und ich erhielt die Nachricht, dass ich bei den Deutschen Meisterschaften mitspiele. War natürlich ein Traum. Mein Chef hat mir freundlicherweise spontan frei gegeben.«

Frei für eine denkwürdige und 20 Minuten währende Partie gegen den Hamburger Bundesligaspieler und Profi Sven-Eric Kastens. Der trainiert viermal am Tag, ist auf Position 100 der Weltrangliste notiert. Zum Vergleich: Kaufmann Decher ist nicht in der Weltrangliste, sondern in der Regionalliga notiert - und zwar mit einer 1:7-Bilanz. Er trainiert zweimal die Woche: »Mehr ist zeitlich nicht drin.«

Zum Spiel: Bis zum 7:7 im ersten Satz hielt der Bielefelder wacker mit, drosch auf den Ball ein, dass die Federn nur so flogen, mähte sogar mit letztem Einsatz den Netzpfosten über den Haufen. Kastens schien sogar kurz beeindruckt von Dechers Feinkost, schaltete jedoch völlig problemlos ein paar Gänge höher und gewann am Ende sicher mit 21:17 und 21:16. Der Profi aus Hamburg: »Marcus war nicht schlecht, hat mich ein- oder zweimal echt überrascht.« Decher bilanzierte: »Ich war voll am Anschlag unterwegs, wollte den Jan hier anständig vertreten. Das ist mir gelungen, obwohl mein Gegner mit Sicherheit noch jede Menge Luft nach oben hatte.«

Noch ehe Decher die Halle überhaupt betreten hatte, waren die beiden heimischen Mixed-Paarungen bereits an ihren Gegnern gescheitert. Jacqueline Mazurek (24) und Abbas Abdulrahman (22), ebenfalls vom Regionalligisten BC Ajax, leisteten gegen Juliane Peters (SG Anspach) und Sebastian Strödke (TSV Neubiberg) im ersten Satz energischen Widerstand, pfefferten aus allen Rohren, führten sogar - nur nicht am Ende des Satzes: 23:25. Im zweiten Durchgang bröckelten Glaube und Widerstand - 17:21. Sparkassen-Betriebswirtin Jacqueline Mazurek fand: »Wir müssen uns nicht in Grund und Boden schämen. Ärgerlich ist nur, dass mehr drin war.« Ersten Trost lieferte ihr Freund Philipp Pauksch (24). Während Mazurek leicht gefrustet abdampfte, kündigte der gelernte Koch an, Jacqueline mit Kasseler und Kartoffelpüree aufzubauen. Denn heute morgen geht es für Mazurek zunächst in die Bank und nach der Arbeit um 12.30 Uhr direkt ins Damen-Doppel mit Vereinskollegin Kira Weddemar.

Vage Sieghoffnungen hatten in der Mixed-Konkurrenz auf Nadine Ehlenbröker (BC Ajax) und ihrem bayrischen Partner Thomas Nirschl geruht. Gegen Lena Bonnie (TV Düren) und Niclas Lohau (Sterkrade) reichte es zum 21:18 im ersten Satz. Danach war freilich Schicht im Schacht. Ajax-Trainer Robert Panasiewicz: »Sie haben nicht konsequent genug nachgesetzt. Dann verliert man.« Stimmt: 13:21, 10:21.

Die Ergebnisse der Bielefelder Starter wurden bei der Turnierleitung zwar mit Interesse verfolgt. Im Vordergrund stand dort aber der reibungslose Verlauf der Titelkämpfe. Von kleineren Verspätungen abgesehen, hatten der Berliner Hallensprecher Christian Holzmacher und das Organisationsteam um Niedersachsens Badminton-Legende Klaus Kindervater (67) alles im Griff: »Routine für uns.« Gleiches gilt für Ingrid Recksiek. Sie ist seit Jahren Chefin der Bälle, hat einen Vorrat von 2400 Stück. Denn pro Spiel lassen etwa 15 der handgefertigten Exemplare deutlich Federn.

Heute greift um 10.30 Uhr das Ajax-Doppel Abbas Abdulrahman/Falko Bittner ins Geschehen ein. Um 12.30 Uhr spielt das Eintracht-Damendoppel Nadine Ehlenbröker/Britta Kanning. Gegen 13 Uhr versuchen Sabrina Sobek (TuS Eintracht) und Elisa Spreemann (Lippstadt) ihr Glück.