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»Jaaaaaaaaa«: Der Weltranglisten-14. Marc Zwiebler holte seinen sechsten deutschen Titel. Birgit Michels avancierte mit zwei Titeln zur erfolgreichsten DM-Teilnehmerin. Michael Fuchs holte Gold und Silber. Fotos (3): Thomas F. Starke1,98-Meter-Mann Dieter Domke kämpfte tapfer und gewann auch den zweiten Satz.

Die Bärte der Nationalspieler - DBV-Vize Dietrich Heppner über Deutschlands Aufstieg

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Sein gewonnenes Halbfinale gegen Lukas Schmidt dauerte 67 Minuten, das verlorene Endspiel gegen Marc Zwiebler 69 Minuten: Damit war Marathon-Mann Dieter Domke an den beiden längsten Einzeln der 60. Deutschen Badminton-Meisterschaften beteiligt.

Marc Zwiebler warf nach dem Gewinn des sechsten Titels ausgelassen Schläger und Hemd ins Publikum und ächzte mit trockener Kehle und blutenden Knien, dafür glücklich: »Der Dieter ist so ein langes Elend. Zwei Meter groß, vier Arme. Er hat mir heute alles abverlangt.« Domke, in Kasachstan geboren, haderte: »Schade, schade. So knapp war es noch nie.« Für den 24-Jährigen lautete das Zauberwort dieser DM, das sofort die Runde machte, nicht »Olympia« (»Der Zug ist für mich abgefahren« , sondern »verletzungsfrei«. Erstmals seit vielen Jahren konnte der Sportsoldat vom 1. BC Bischmisheim das Turnier topfit bestreiten. »Mein Ziel sind die Turniere nach Olympia, die dann nicht mehr so saustark besetzt sind. Ich möchte mir eine gute Position für Olympia 2016 verschaffen.«
Bei der Siegerehrung bat Zwiebler seinen Doppelpartner mit aufs oberste Podest. »Im nächsten Jahr stehen wir zusammen hier oben.« Diesmal war noch im Viertelfinale Endstation. Warum die deutschen Nationalspieler einträchtig unrasiert herumliefen, verriet Domke: »Bis zur Team-Europameisterschaft in zwei Wochen in Amsterdam rasieren wir uns nicht. Das hat Tradition seit sechs Jahren. Dort lassen wir dann einen Schnurrbart stehen. Das hat uns im letzten Jahr Glück gebracht, als wir Dritter wurden.«
Wie 2010 und 2011 war Birgit Michels (27) mit dem Titel im Mixed und Damendoppel die erfolgreichste Sportlerin der Titelkämpfe. Dietrich Heppner, Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Badminton-Verbandes, sieht handfeste strukturelle Gründe für Deutschlands kontinuierlichen Aufstieg in die Badminton-Elite: »1998 hatten wir einen Bundestrainer und einen Bundesjugendhonorartrainer. Heute haben wir in jeder Disziplin zwei, insgesamt 16 hauptamtliche Trainer. Sogar einen für Talentsichtung und -entwicklung, sowas gibt's in ganz Europa nicht. Dazu zwei Bundesstützpunkte, denen es an nichts fehlt. Zehn Bundeswehrplätze, um unseren Assen ein sorgenfreies Profidasein zu ermöglichen.« Jedoch, so Heppner: »Wir haben weniger Geld zur Verfügung als vor 14 Jahren. Wir machen nur mehr draus.«
Dass Bielefeld bis 2016 DM-Austragungsort bleibt, erfreut Heppner. »Wir wissen, dass nicht alle Spieler begeistert darüber sind. Doch hier haben wir solide, freundliche Partner, die so eine Veranstaltung stemmen können. Hier weiß ich, es klappt. Diese Meisterschaften haben den Standard der Danish Open. Wir genießen das.« Ein schöneres Kompliment hätte es für Axel Seemann (Play Sportmarketing), in dessen Händen die Gesamtleitung lag, kaum geben können. Sportwww.dm-badminton.de

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Auf Stippvisite in Bielefeld: Chef-Bundestrainer Jakob Hoi.

Bundestrainer Jakob Hoi ganz entspannt

Bielefeld (WB/jm). Kein Reisestress von Kontinent zu Kontinent, keine physische und psychische Belastung am Maximum, keine Punkte für die Olympiaqualifikation. Bielefeld, das heißt Prestige. Es geht bloß um nationalen Lorbeer. Jakob Hoi wirkt ganz entspannt. »Unsere Topspieler sollen diese Meisterschaft einfach genießen«, sagt der dänische Chef-Bundestrainer des Deutschen Badminton-Verbandes. »Sie wissen, dass ich keine Erwartungen an sie habe. Neue Erkenntnisse wird es hier nicht geben. Nein, sie sollen in erster Linie Spaß haben.«
Dass die erkrankte Juliane Schenk die Spaßveranstaltung abgesagt hatte, empfindet Hoi als »super professionelle Entscheidung. Sie ist ein Star. Diese nationalen Titelkämpfe passen nicht in den internationalen Turnierkalender. Es ist wichtig, dass Juliane sich mal eine Pause nimmt. Es gibt im harten Olympiajahr nur wenig Erholungszeiten.« Schenk sei die mit Abstand schnellste Spielerin auf der Welt, clever, habe Riesen-Varianten in ihrem Spiel. Hoi übertreibt nicht, wenn er sagt: »Sie kann eine Medaille in London gewinnen. Auch Gold.« Marc Zwieblers London-Qualifikation ist genauso unfraglich. »Der Marc liebt Bielefeld. Er gibt immer 100 Prozent. Für sich, für alle«, lobt Hoi seinen Kämpfer, die Nummer 14 der Welt.
Schwierig werde London für die Doppel, obgleich es nicht unrealistisch sei, dass Deutschland in jeder Disziplin vertreten ist. »Nur 16 Doppel weltweit dürfen hin. Eigentlich nur 13, denn es werden drei Kontinentalplätze vergeben.«
Für die Mixed-Meister Michael Fuchs/Birgit Michels (1. BC Bischmisheim/1. BC Beuel) sieht es zurzeit gut aus. Stichtag ist der 1. Mai. »Im Moment wären wir dabei, aber es bleibt spannend bis zum Schluss«, sagt Michael Fuchs, der gestern seinen fünften deutschen Titel gewann. »Bis zum ersten DM-Titel hatte ich Druck. Der schwindet seither mit jedem Titel«, schmunzelt er. London ist wieder verbunden mit Druck. Er hat mit seiner Partnerin noch viele Punkte zu verteidigen, schließlich erreichten sie im Vorjahr bei den All England das Halbfinale. »Michael und Birgit haben schon Weltmeister und Olympiasieger geschlagen«, traut Jakob Hoi der Paarung den großen Wurf zu. Das Damendoppel Marinello/Michels hat aktuell eine Warteposition inne und wäre nicht qualifiziert.

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Badminton-DM: 22-Jährige holt den Titel - Zwiebler schlägt sich durch

Von Hans Peter Tipp
Bielefeld (WB). Auf alle Schläge ihrer Finalgegnerin Karin Schnaase hatte Olga Konon gestern die passende Antwort - auf die Fragen beim Sieger-Interview nicht. »Ich bin glücklich.« Mehr brachte die 22-Jährige nach ihrem ersten deutschen Badminton-Meistertitel zunächst nicht heraus.

Normalerweise ist der Umgang mit der deutschen Sprache für die gebürtige Weißrussin, die seit fünf Jahren in Deutschland lebt und im Juli eingebürgert wurde, überhaupt kein Problem. Doch in diesem emotionalen Moment nach dem souveränen 21:17-21:11-Finalsieg war vor 1000 Zuschauern in der Seidensticker Halle die Nervosität so groß, dass ihr ausnahmsweise die Worte fehlten. Das aber war zweitrangig: Die Freude über den Titelgewinn bei ihrem ersten DM-Start stand der Weltranglisten-38., die vor ihrer Meniskusoperation im Oktober schon 26. gewesen war, deutlich ins Gesicht geschrieben.
»Ich hatte erwartet, dass es anstrengender würde«, sagte die neue deutsche Meisterin, als nicht mehr alle Augen auf sie gerichtet waren. Trotz des klaren Spielverlaufs - Konon setzte sich in beiden Sätzen früh ab - habe sie sich nie sicher gefühlt: »Ich habe immer gedacht, jetzt kommt sie noch heran.« Das aber passierte nur in Ansätzen. Selbst das letzte Aufbäumen der für ihre Kämpferqualitäten bekannten Schnaase zum 11:14 im zweiten Durchgang brachte keine Wende. Danach punktete nur noch Konon - bis zum Sieg nach 39 Minuten. »Olga hat das Tempo und damit auch das Spiel bestimmt. Sie hat es gut verstanden, schnelle Bälle hinten in die Ecken zu spielen. Karin ist es schwergefallen, sich zu befreien«, urteilte Konons Bischmisheimer Teamkollege, Doppelmeister Johannes Schöttler, der gestern das Coaching übernommen hatte.
Bei der Verliererin flossen viele Tränen. »Ich bin mit ihren Schlägen nicht klar gekommen«, sagte Schnaase, die ihrem ersten Duell gegen Konon lange entgegengefiebert hatte. »Olga ist eingebürgert und mir vor die Nase gesetzt worden. Ich wollte unbedingt gegen sie spielen«, sagte die Lüdinghausenerin, die zum dritten Mal in Folge im DM-Finale leer ausging: »Vielleicht habe ich ja etwas zu viel gewollt, und es hat deshalb nicht gereicht. Jetzt freue ich mich auf das nächste Mal.«
Zunächst aber werden aus Konkurrentinnen Teamkolleginnen. Bei der Team-EM vom 14. bis 19. Februar in Amsterdam wollen Konon und Schnaase gemeinsam mit Juliane Schenk, der bei der DM fehlenden Nummer eins, dafür sorgen, dass Deutschland mindestens den zweiten Platz des Vorjahres wiederholen kann. Mit im Team sind auch die anderen Titelträger von Bielefeld: der nunmehr sechsfache Einzel-Champion Marc Zwiebler, die Doppel Ingo Kindervater/Johannes Schöttler, Sandra Marinello/Birgit Michels und das Mixed Michael Fuchs/Birgit Michels. Sie alle verteidigten ihre Titel erfolgreich.
DM-Organisator Axel Seemann zog nach vier Wettkampftagen ein positives Fazit: »Wir sind wieder einen Schritt weitergekommen. Ich freue mich schon auf die nächsten Jahre.« Bis mindestens 2016 wird die Badminton-Elite noch in Bielefeld aufschlagen.